Rede von Andreas Homberg zur Eröffnung in der Johanniskirche Neubrandenburg 2012
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Freunde
Die letzte Ausstellung, die der Malkreis Briggow hier in der Johanneskirche vor ein paar Jahren hatte, bezog sich vorwiegend auf Kirchenbauten in verschiedenen Landschaften zu unterschiedlichen Jahreszeiten.
Die individuellen Handschriften gaben der damaligen Ausstellung auch schon eine besondere Prägung und ganz eigene Stimmung.
In dieser neuen Exposition zeigen wir Ihnen, liebe Gäste, nun KIRCHENINTERIEURS.
Interieurs sind im eigentlichen Sinne umbaute Räume, also Architektur.
Nun ist ja Architektur selbst, wenn sie gut ist, ebenfalls Kunst. Es gelten aber ganz andere Gesetzmäßigkeiten als in der Malerei.
Wir stehen hier im Innenraum der Johanneskirche, einem Kunstwerk gotischer Architektur, einem perfekten Raum:
Die Bündelpfeiler streben in die Höhe, die einzelnen Gewölbe fließen zusammen und diese Bewegung hat erst ein Ende, wenn es zu der Begegnung in lichter Höhe (fast im Unendlichen) mit dem Nachbarpfeiler kommt.
Man hat den Eindruck, er trägt nicht, sondern überwindet die Schwere. Erst an den äußeren Wänden findet der in sich ruhende freie Raum seine Grenzen.
Ganz anderes in einem Bild, in dem die Grenzen definiert sind durch das Format.
Man kann Raum erzeugen, aber er bleibt Illusion, bleibt Fläche.
Es kommt auf die bildnerische Erfindung, auf die Farbigkeit, auf die Komposition an.
Wie also nähert man sich dem komplizierten Vorgang, dem Thema, der Auswahl?
Die Gedanken, die ein Maler hat, spielen überhaupt keine Rolle, solange sie nicht sichtbar gemacht werden können.
Wie eine Melodie im Kopf eines Komponisten unbekannt bleibt, so lange sie nicht hörbar wird.
Nähern wir uns auf der Fläche einer Bildidee oder einem Thema, so wird das Bild um so eindringlicher, je restloser die Idee in einer malerischen Form aufgegangen ist.
Deswegen auch die Verschiedenheit der Bilder in dieser Ausstellung.
Was jedes Mitglied des Malkreises aus diesem Thema KIRCHENINNENRAUM (Interieur) macht, ist das Werk seiner Phantasie. In jedem Kopf eines Malers spiegelt sich die Welt ja anders ab und beim Malen versucht jeder, diese Welt sichtbar zu machen.
Hinzu kommen irgendwelche Stimmungen, erstes Scheitern beim Beginn, Hochgefühle bei der Fortführung und manchmal ein „na ja...“, wenn man glaubt fertig zu sein.
Nun kommen diese Bilder in die Öffentlichkeit zu Ihnen ….
Die Bilder von SABINE BALSCHAT: romantisch mit starken Gefühlen, geheimnisvoll in starkem Hell-Dunkel-Kontrast, sinnlich. Geheimnisvolles, gebunden in starke Bildkompositionen.
Die Bilder von ANNEMONE KERSTEN sind von einer völlig anderen Herangehensweise. Klar und deutlich strukturiert, mit Freude am Detail bis hin zu einer liebevollen Naivität, gepaart mit sicherem Gefühl für das Große und Ganze eines Bildes. In diesem Sinne geben ihre Werke eine ganz eigene Sicht auf die Welt und auf das Thema dieser Ausstellung.
JENS-UWE KUTTLER zeigt uns zu diesem Thema der Ausstellung klug durchdachte Kompositionen mit einem sicheren Gefühl für Farbe und Form, die seinen Bildern Geborgenheit, Standhaftigkeit verleihen. Die Innerlichkeit, die aus ihnen spricht, gibt dem Betrachter die Sicht frei auf eine tiefe Sensibilität.
RALF KREIMANN macht uns in seinem Beitrag vertraut mit dem breiten Spektrum seiner Ausdrucksmöglichkeiten. Durchdrungen von dem bildnerischen Willen, sind seine Arbeiten gekonnte Umsetzungen einer Idee in Farbe und Form. Experimente haben nichts Spekulatives oder Literarisches, sondern sind Ausdruck für ein rastloses Suchen nach Gültigkeit.
WOLFGANG MAERCKER, der Philosoph, der Denker, der in der Lage ist, in seinen Arbeiten Unaussprechliches, Unmögliches aufscheinen zu lassen. Pastos mit Spachtel oder direkt aus der Tube, geht er expressiv ohne Scheu mit der ihm eigenen Sichtweise an das Thema heran.
Da wird nichts verschenkt, da ist der Weg das Ziel, komme was da kommen soll.
Und wenn eine Farbe oder Form nicht will, so wird sie gezwungen um dann eventuell auf dem gedanklichen Prüfstand zu scheitern... Sich daraus ergebende Zufälle werden mit eingebaut in ein neues Experiment, bis zum Schluss eine gültige Arbeit entstanden ist, entsprechend dem künstlerischen Programm „aufbauen und zerstören“.
Für KERSTIN RICHTER gilt dieses Programm auch, aber in einer ganz anderen Art. Sie verdichtet ihre Malerei auf der Fläche, in dem sie Entstandenes weg nimmt, manches ahnungsvoll stehen lässt, neues Material hinzugibt und wieder in Frage stellt, alles mit sicher gewordenem Gefühl für die Farbigkeit des Ganzen, der Komposition und des Hell-Dunkel-Kontrastes. Aus diesem Prozess heraus entwickelt sie Bilder in einer ganzheitlichen Stimmung, die berührt und manchmal erstaunt und die Seele der Betrachter in Schwingungen bringt.
Auch UTA STEPPUTAT hat sich das Prinzip „Aufbauen und Zerstören“ zu eigen gemacht. Sie schöpft aus einem sicheren Gefühl für Farbe und Form. Sie durchforscht ihre Phantasie, materialisiert sie durch die Technik (der Malerei) und lässt sich auf diesem Weg durch nichts beirren. Für sie gilt ganz deutlich „Malerei ist Ausdrucksmittel meiner Phantasie“.
Gerade durch diese Konsequenz haben ihre Arbeiten einen ganz ursprünglichen Reiz.
So, meine Damen und Herren,
wie gesagt, die Bilder die wir Ihnen hier zeigen, müssen sich nun in der Öffentlichkeit bewähren, auch im Dialog mit diesem Kirchenraum und ich hoffe und wünsche, dass dies gut wird.
Lassen Sie mich mit einem Zitat von Max Liebermann enden:
„..., da es keine bestimmte Norm für das, was Kunst ist, gibt,
sondern der Geschmack allein entscheidet; die fortwährende Umwertung der Kunstwerke: Was heute noch verlacht, sehen wir morgen angestaunt und bewundert.
Eine jede Vorführung von Kunstwerken soll den Geschmack der Beschauer bilden.
Eine jede Kunst hat das Publikum, welches sie verdient Nicht ein nachsichtiges , sondern ein einsichtiges Publikum wünschen wir uns für unsere Veranstaltung.“
Im Namen des Malkreises Briggow bedanke ich mich für die Möglichkeit, hier auszustellen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Sonntag, 21.10.2012, Johanneskirche Neubrandenburg